Sonntag, 2. Dezember 2012

Zirpen und ziehen.

Angst. Nackte Angst in allen Zellen.
Es ist nicht so, dass sie in irgendeiner Weise zielgerichtet wäre oder einen genauer zu ortenden Ursprung in mir hätte, nein, sie ist einfach nur da.
Ich habe Angst, in meinem Zimmer zu sein mit nichts als Tabakkrümeln, zu wenig beachteten Kuscheltieren und Büchern, die ich nicht lesen will. (ich könnte weinen, wenn ich das schreibe, so weh tut es diese Dinge in meinem Zimmer zu haben)
Habe Angst, im Wohnzimmer zu sein mit meiner rosigen, lebendigen Schwester, die Biathlon sieht und Tee mit Milch trinkt. Habe Angst, mich hier im Arbeitszimmer zu befinden und sinnlose Texte zu tippen. Angst, zu versagen. Angst vor meinem Steifvater im Schlafzimmer, Angst, dass er es mir übel nimmt dass ich ihm dieses Jahr nichts zum Geburtstag geschenkt habe (kein Geld) und nicht einmal persönlich gratuliert habe (Scheiß-Tag).
Mein Bauch ist rot gesprenkelt von Wärmflaschen-Verbrühungen und fett und voll vom vielen Essen die letzten Tage, ich habe Angst, dass T. ihn heute Abend sehen und eklig finden wird. Dass er wieder sagt, ich solle endlich wieder Sport machen. Mich nicht so gehen lassen. Angst, dass er heute trinkt.
Ich habe panische Angst vor Sex. Vor Begeheren und Begehrt-Werden, vor Kontrollverlust. Davor, dass noch einmal jemand über mich sagen wird: Die alte Fotze, die ist doch nymphoman und den ganzen Tag feucht, die macht immer die Beine breit. (Das hat S. der Typ mit dem ich im Sommer eine Verzweiflungs-Klinik-Affäre hatte, neuerdings verlautbaren lassen)

Hatte ich schon erwähnt, dass ich Angst habe, raus zu gehen, weil es kalt ist und ich nicht wüsste, wohin mich meine wackelnden Füße tragen würden? Vielleicht in den Wald. Vielleicht würde ich irgendwo auf den gefrorenen Boden sinken und könnte nicht mehr aufstehen. Und dann?
Es ist ein widerliches Gefühl, sehr körperlich, Rastlosigkeit und Scheu, einen Gedanken zu Ende zu denken.
Was könnte passieren?
Alles würde zusammenbrechen, meine Schwester und meine Mutter und mein Zimmer und der Wald da draußen, sie könnten mich wegsperren oder vergessen. Ich bekomme schon Panik, dass man mich vergessen hat, wenn man mich ein paar Minuten warten lässt. Ich will dann am liebsten Sturm klingeln bei meiner Therapeutin, aber ich traue mich nicht.
Will tot sein endlich.

2 Kommentare:

  1. Lustigerweise geht es mir in Bezug auf deine Texte genauso. Du bist übrigens diejenige, deren Posts ich ausgedruckt und mir in der Bahn reingezogen habe. Mittlerweile müsste ich alle gelesen haben. Dein Blog ist auch einer der wenigen, bei denen es mir egal ist, ob Bilder gepostet werden (- nicht, dass ich die nicht auch interessant fände, aber es geht mir um den Inhalt). Und tut mir leid, dass das gerade ein bisschen zu einer Schleimeskapade ausartet, aber ist mein Ernst.
    Mich würde ja mal interessieren wer dieser S. ist und wie er es wagen kann, sowas von sich zu geben. Männer sind doch diejenigen, die ständig und immer wollen (die meisten) - wenn eine Frau nymphoman eingestellt ist, wird sie (wenn Mann verzweifelt nach einer Kränkung sucht) als "alte Fotze" abgestempelt.

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  2. Sagst gerade du? d:
    Ich kenne deinen Blog erst seit ein paar Wochen, aber deine Texte gehören definitiv zu denen, mit denen ich mich am meisten identifizieren kann. Du bist nicht allein mit deinen Ängsten. <3

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