Samstag, 8. Juni 2013

Passive Agressive.

Autosuggestiv The Stone Roses hören bringt's wirklich. Es ist immer noch ekelhaft warm (ich bin wirklich ein Winter-Mensch), ich bin immer noch die vollgefressene, unförmige, ungeduschte, unausgelastete, asexuelle, wehleidige Ausgabe meiner Selbst, aber es geht. Irgendwie. Besser als gestern.
Der Gedanke alles hinzuschmeißen, heute Nacht noch präsent, ist wieder abgetaucht. Irgenwie gewöhnt man sich daran, dass die Schübe kommen und gehen, sinuskurvenförmig Ping-Pong mit meinem Lebensmut und meiner geistigen Verfassung spielen. Abwarten und Kaffee trinken - Selbstwirksamkeit ist was anderes, Eigenverantwortung auch.

Vorgestern: Frau L. fragt mich, warum ich zu allem "Ja und Amen" sage. Ich muss passen, spiele mit Lulus Uhr an meinem Handgelenk und halte Tränen zurück. Sie mustert mich lange und wartet. "Wissen Sie, wenn ich könnte, würde ich wahnsinnig gerne allen mal meine Meinung sagen, unzensiert." - "Wer sind alle?" - "Alle eben." - "Und was würden Sie sagen?" - "Was ich wirklich denke." - "Was hält Sie denn davon ab? Glauben Sie, Ihr Umfeld könnte Ihre Agression nicht aushalten?"
Jackpot, Sie haben es erfasst. Ich glaube, dass meine wahre, bedürftige, verletzliche, zickig-launische, lustlose, unendlich wütende, großspurige, habgierige, dümmliche, eifersüchtige, dramatische, suizidale, nervtötende, emotional in vielerlei Hinsicht traumatisierte, hungrige, polternde, winzig kleine, unstete Persönlichkeit niemand, wirklich niemand ertragen könnte. Deswegen schlucke ich lieber. Alles. "Ich schlucke alles, wissen Sie?!", ich werde laut und reiße die Augen auf.
Frau L. ist ganz ruhig. "Ihr Problem ist, dass Sie nur diese eine Sicht auf Sie selbst zulassen. Sie denken, jeder würde Sie verurteilen und Sie exakt so negativ einschätzen, wie Sie selbst es tun. Sie wollen ja auch nichts anderes hören, Komplimente sind Lügen, Nettigkeiten sind eigennützig, Sie ertragen weder Umarmungen noch Zuspruch. Wer Ihnen sagt, dass er an Sie glaubt, setzt Sie unter Druck. Sie lassen niemanden an sich."
"Im Gegenteil, ich lasse viel zu viel viel zu nah an mich." - "Das ist kein Widerspruch. Aber Ihre Beziehungen sind einseitig, solange Sie Ihr Selbstbild verteidigen." - "Das ist Selbstschutz." - "Ich weiß. Aber wovor schützen Sie sich? Was sollte ich Ihnen schlimmes antun?" - "Sie könnten über mich triumphieren, mich manipulieren, mir meine Kritikfähigkeit nehmen..." Sie schüttelt den Kopf.
Ich erzähle ihr von meinen Fressgelagen und dass ich Schwierigkeiten habe, das Haus zu verlassen. Ich jammere. Ich heule rum, dass ich nicht kotzen kann, "...nur neulich, wissen Sie, da habe ich meinen Kotzpunkt gefunden, glaube ich. Beim Oralsex. Seitdem denke ich, wenn ich nur lange und tief genug in meiner Kehle bohre, müsste ich es doch schaffen... Denke ständig daran, ein Ass im Ärmel." Ich schildere grausame Träume von inzestuöisen Vergewaltigungen durch meine Mutter, taste mich durch Kindheitserinnerungen (Wie ich meinen Vater beim Masturbieren erwischte - Teil 1-4, Wie meine betrunkenen Eltern alle Hemmungen verloren - das Archiv, ect). Am Ende der Sitzung schlage ich meine Schienbeine, um mich wieder zu spüren. Wütend bin ich und stumm.

2 Kommentare:

  1. In der Woche ist es die Ostsee, an den Wochenenden meist nur ein kleiner Fluss. ;)

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  2. Phoebe,
    erstmal möchte ich dir dafür danken, dass du dir meinen Blog überhaupt ansiehst.
    Und dass du dir die Zeit nimmst, Kommentare zu hinterlassen.
    Schwestern im Geiste klingt gut.
    Ich rauche Lucky Strike, Marlboro und American Spirit.
    Das kommt ganz darauf an, wo ich gerade drankomme.
    American Spirit rauche ich nur, wenn ich nichts mehr habe und meiner Mama Tabak klauen muss.

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