Samstag, 18. Mai 2013

Wenn drei Feuerzeuge neben dir liegen und keines beim letzten Versuch eine Flamme spendet, die groß genug wäre um damit Brand zu stiften. Teil II

Nach dem Telefonat mit Lennard:
Ich betrachte fasziniert meine untoten, verheulten Augen im Spiegel und atme tief aus. Dann gehe ich in die Küche, um in Zeitlupe Kaffee zu kochen. Ich klaue ein Zigarillo aus dem Pall Mall-Päckchen meines Stiefvaters und stoße die Balkontür auf. Der Kontrast zu meinem kühlen, abgedunkelten Zimmer erschlägt mich: Grün! Sonne! Ohrenbetäubendes Vogelzwitzschern! Zarter Wind um die zittrigen Beine in hässlichen Jeansshorts.
Ich stelle meinen Kaffee auf einen Blumentopf und verbrauche fünf Streichhölzer, um mir Feuer zu geben.
In der Balkontür spiegelt sich eine durchgeknallte Frau mit roter Nase und ungekämmtem Haar, ich winke ihr gedankenverloren. In ein paar Monaten werden wir darüber lachen, hat er gesagt, wir beide zusammen.
Die Zeit rinnt. Plötzlich wieder lebendig, rauche ich auf Lunge.
Die Maxime meines Lebens sollte lauten: Weiter denken als bis zur nächsten Zigarette. Damit wäre schon einiges gewonnen. Ich bin extrem talentiert darin, gute Absichten in untragbare Konsequenzen zu transformieren, das war ich schon immer. Fallbeispiel der Stunde: Spontaner Kauf eines Festivaltickets ohne vorher Rücksprache zu halten mit denen, die involviert sind: Wie hast du dir das vorgestellt? Gar nicht. Pathologischer Aktionismus. Vor den Kopf gestoßen... vor vollendete Tatsachen gestellt... wusste nicht, wie ich reagieren sollte... du wolltest mir und dir eine Freude machen, ich weiß, aber das war ein bisschen unüberlegt... Das war so nicht geplant, ehrlich gesagt war es gar nicht geplant. Ich weiß.
Zwischen meinen Schluchzern bringt er mich wieder zum Lächeln, mein Handy tropft, ich wische mit dem Bettbezug über mein fleckiges Gesicht. Ein minimaler Anklang von Zuversicht, ein nuancierter Unterton, willkommen in unserer kleinen Stadt...


Ich bin jetzt ruhiger und könnte drei Stunden schlafen.

4 Kommentare:

  1. Mir ist völlig schleierhaft, warum ich deinem Blog nicht folge.
    Nachholen.
    Extrem guter Umgang mit Worten, sehr ungewöhnlicher Schreibstil, der mir wirklich gefällt.
    Ich habe dir einen Blogaward verliehen :) - http://mitternachtrealitaet.blogspot.de/2013/05/blogaward-3.html
    xx Anna

    AntwortenLöschen
  2. Tut mir Leid, dass ich so spät antworte. Nicht einmal das konnte ich...
    Es kommt und es geht wie es will, ich weiß auch nicht.

    Ich habe es so oft gesagt, aber ich kann nicht anders.
    Deine Worte sind so unglaublich lebendig.

    Ich habe das Problem, dass ich immer zu weit denke. Das ist einfach kompliziert, das Ding mit der Zukunft.

    AntwortenLöschen
  3. Dieser Kommentar wurde vom Autor entfernt.

    AntwortenLöschen
  4. Liebe Phoebe,
    ich lese bereits seit einigen Wochen Deinen interessanten Blogg und möchte Dir nun eine Nachricht hier hinterlassen. Ich bin bereits schon ziemlich "diäterprobt" :-) im Moment BMI = 20,2 ... Leider habe ich über viele Jahre hinweg immer wieder erlebt wie mich ab einem gewissen Zeitpunkt -meistens nach gelungener gesunder Abnahme und das Erreichen meines Wunschgewichts- diese Essattacken regelrecht heimgesucht haben. Sie haben mich im wahrsten Sinne des Wortes überrollt, der Dämon der Gefräßigkeit wie ich ihn nun gerne benennen möchte hatte sich in mir eingenistet..., immer und immer wieder..., bis zu dem Zeitpunkt wo ich fast wieder bei dem Gewicht angkommen bin, an dem ich ursprünglich VOR der Diät gestanden hatte, aber trotdzem weiß ich, dass es diesen einen Weg und die Lösung IN uns selbst gibt, um diese Form der Ohnmacht gegenüber diesen "unheimlichen Attacken" zu überwinden- egal was kommen mag..., ich habe immer wieder Niederlagen erlebt, aber ich gebe defintiv nicht auf...., ich fühle mich so unendlich wohl mit meinem persönlichen Wohlfühlgewicht, ja ich bin glücklich..., ich mache mittlerweile Sport und es geht mir so gut mit (m)einer gesunden Form der Ernährung, Sport, Achtsamkeitstraining etc., aber ich gestehe es Dir hier und jetzt gerne ein: Aktuell habe ich wieder (gerade eben) meine achte Essattacke erlebt und darüber viele bittere Tränen vergossen und jetzt habe ich mir ein für alle Mal versprochen/geschworen, dass ich ab jetzt unwiderruflich und ein für alle Mal diesen Teufelskreis durchbrechen werde. Dieses Versprechen gebe ich mir selbst. Ich schließe quasi einen Vertrag mit mir u. vor mir selbst, und verspreche mir und meinem Leben, mit aller Kraft meines Seins diesen Kreislauf willentlich zu unterbrechen. Nun ist Schluß. Es wird sich nichts ändern, wenn wir gewisse "Zirkel", die nicht förderlich für uns selbst sind, aus eigener Kraft unterbrechen. Der "innere Therapeut" liegt in uns selbst verborgen, die Quelle aller Kreativität und Potenziale ruht IN uns und wir haben die Macht und die Möglichkeit diese Barrikaden ein für alle Mal zu überwinden und uns selbst zu heilen.
    Die kommenden sieben Tage wieder ich hier nicht schreiben, da ich mich in absoluter Ruhe zurückziehen werde um mich liebevoll um mich selbst zu kümmern...., nach sieben Tagen werde ich Dir dann EHRLICH berichten, ob ich meinem Teil des Vertrages erfüllt habe.
    Kommst Du mit...? Zusammen schaffen wir das!!! Ok???
    Wir können uns gerne privat schreiben!

    Ganz liebe Grüße und wirklich alles Liebe,

    Chandriji

    AntwortenLöschen