Montag, 17. September 2012

Fragespiel.

Die Nacht, so lang die Nacht.
T. sagt, er wird Schluss machen mit mir, ehe ich mich zu Tode hungere. Ganz trocken. Er sagt, das wird er sich nicht nochmal mit ansehen.

Und damit herzlich willkommen in der Endlosschleifen-Fragerunde: "Will ich eigentlich gesund werden?"
Heute zu Gast: Phoebe, bald 20, (Ex-)Anorektikerin, (Ex-zwei-Mal-untreue) Freundin von T., Ex-Insassin, mehrfache Ex-stationäre Psychoschrulle mit Ex-Untergewicht, Patientin in der ambulanten Psychoanlyse seit drei Jahren, Tochter übergewichtiger Eltern, Schwester einer zauberhaften, jungen, sozial integrierten, fast 16-jährigen, normalgewichtigen jungen Dame.
Gesund werden.
Wie kannst du mir das einzige in meinem Leben nehmen, das mir Selbstvertrauen verleiht?, frage ich ihn.
Ich bin lieber unnütz und scheiße und dünn als unnütz und scheiße und fett, ist das so schwer zu begreifen?
Und schlafen werde ich diese Nacht wohl auch nicht mehr.
Also, halten wir fest: Er hat Recht, ich habe schon viel zu viele Kliniken aufgesucht. Ich habe mit meiner Magersucht schon viel zu viel Leid erst über meine Familie und adann auch über ihn gebracht. Sorgenvolle Blicke, Streitigkeiten, meine Mutter in Tränen aufgelöst, meine Schwester wütend, ihn selbst verraten.
Ich habe aus Wut und Trotz und Selbsthass vor genau einem Jahr 20 kg zugenommen, um ihnen allen in die Fresse zu treten. Und ganz plötzlich war ich wieder "normal". Klar, depressiv, Arme aufgeschlitzt und all das, aber ich war normalgewichtig. Und alle, alle konnten aufatmen. Ich habe die Schule geschmissen, das begabte Kind boykottiert das Leben. Auch damit konnte mein Umfeld sich arrangieren.
Dass ich das ganze letzte Jahr ausschließlich mit meinem Körper gekämpft habe, wollten sie nicht sehen. Wenn ich ein paar Kilos verlor, wurde das zur Kenntnis genommen in der Hoffnung, dass ich durch Fressanfälle ohnehin früher oder später wieder bei über sechzig Kilo sein würde.
Jetzt, so wie ich hier sitze, will ich nichts mehr als dass es endlich wieder klappt. Wie das klingt.
Hirnkotze. Ich will es schaffen, was immer ES auch sein mag.
ES bedeutet nicht, ich bin dann mal glücklich mit meinem Körper und alles wird supi.
Es bedeutet vielleicht, ich will noch einmal (aber das wage ich kaum zu denken) unter die 40 kg-Grenze kommen und ein paar wundervolle Monate in der Lüneburger Heide verbringen, mit Tellerservice und Spätmahlzeiten und Kartenspielen und kontrolliertem Zunehmen.
ES bedeutet, Knochen sehen. Schön sein. Modeln.
Es bedeutet nicht, zu sterben, sondern zu Leben. Zu essen und trotzdem dünn zu sein.
Wie erreichen wir das, werte Expertin?
Im Grunde gibt es nur die Möglichkeit, abzunehmen - und zwar so viel, dass die paar Kilos, die man (also ich) durch das "wieder-normal-Essen" automatisch zunimmt, nicht so schlimm sind. Den "Kohl nicht mehr fett" machen, wie der Hesse sagt.
Was würden Sie tun, wenn ihr Freund die Drohung wahrmachen würde? Wenn er sich trennt, falls Sie weiter abnehmen?
Nun. Ich... Ich weiß es nicht. Was bin ich schon ohne ihn?

Ich komme nicht weiter. Ich bin ratlos.
Zeit, um noch ein paar Fragen von Ally (merci!) zu beantworten:


  1. Würdest du Fallschirmspringen ausprobieren?
    Nein. Ich bin ein Angsthase.
  2. Deine absolute Lieblingsfarbe?
    Alles mit schwarz gemischt.
  3. Welche Eigenschaft bewunderst du bei anderen und hättest sie gerne?
    Selbstvertrauen, Analytik, Disziplin. Ach, und ich hätte gerne einen Zauberstab, um Disharmonien zu begleichen. Einen rosafarbenen.
  4. „Fehler sind dazu da, um aus ihnen zu lernen.“ Wie siehst du das?
    Im Prinzip ist das wohl so. Außer, man ist wie ich zu blöd dazu und begeht den selben Fehler immer wieder.
  5. Bevor ich sterbe, ...?
    ...will ich wissen, was es heißt, glücklich zu sein.
  6. Hast du schon mal den ersten Schritt gewagt?
    Immer. (;
  7. Was ist dein Lieblingsgericht?
    Oh Gott. Kartoffelecken in Olivenöl mit Rosmarin und Knobi aus dem Ofen. Lasagne. Pizza mit Mozzarella, Rucola und Parmesan. Schokolade in allen Variationen. Blaubeertarte. Enchiladas. Alles mit Salsa. Überbackene Toats...
  8. Unsere Lebenserwartung liegt ungefähr bei 80 Jahren. Reicht die Zeit aus?
    Aber dicke.
  9. Wenn das Wetter deine Stimmung wiederspiegeln würde, wie würde das Wetter jetzt sein?
    Lila Morgenhimmel mit frischem Regenwind.
  10. Warum bloggst du?
    Gute Frage... Um mich selbst zu motivieren. Um Feedback zu erhalten und zu geben.
  11. Schon mal ein Brief an dein zukünftiges Ich geschrieben?
    So wie bei How I Met Your Mother? "Lieber zukünftiger Ted, lass die Finger von Karen?" Nee. Aber die Idee ist gut!

2 Kommentare:

  1. Sorry für die dumme Fragerei, hab mir gestern deinen Blog durchgelesen und hätte mir die Fragen somit auch sparen können. Das mit T. tut mir sehr leid. Ich finde es immer schwierig Menschen die "krank" sind mit Verlassen zu drohen. Oftmals kann sowas die Sache noch schlimmer machen. Klar machen sich die Mitmenschen Gedanken und Sorgen um einen, aber viele, wie du auch sagst, gucken nur aufs Äußere und denken nicht drüber nach wie es im Inneren eines Menschen aussieht.
    Alles Liebe

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  2. Oh Mann. Das mit T. ist 'ne verdammt schwierige Situation. Aber ich kann dir sagen, dass es nicht daran liegt, dass er deine Krankheit zu anstrengend findet, sondern einfach nur verzweifelt ist und glaubt, dir nur so helfen zu können. Also, zumindest glaube ich das. Weil, als ich vor einem Jahr meine erste SVV-Phase hatte, wollte meine beste Freundin die Freundschaft beenden & zack, ich hab's geschafft aufzuhören, weil ich ohne sie verloren war. Aber dieses Jahr ging wieder alles los (aber ohne Drohungen und so). Was ich dir damit sagen will ist, dass sogar wenn du dich entscheiden würdest, für T. gesund werden zu wollen, so von selber.. hm, ich glaube, damit würdest du nur den Drang zu Hungern und den Wunsch nach deinem Nest unterdrücken. Aber irgendwann würde es wieder rauskommen. D.h. es wäre irgendwie nur eine Aufschiebung...denk ich. Aber ich weiß es ja auch nicht, also.. ja.
    Aber ich versteh vollkommen, dass du hin-und hergerissen bist, bzw. nicht wirklich gesund werden willst. Ich wüsste selber nicht, was ich tun würde. Ich wär überfordert und würde mich einschließen, glaub ich. :D
    Hmm..ich hoffe, dass du das Richtige für dich tust. Für dich. Nicht für jemand anderen. :3
    alles liebe,
    xx ♥

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