Mittwoch, 26. September 2012

Hirnstrommessung.



Ich habe wahnsinnige Kopfschmerzen und einen unangenehmen Geschmack im Mund (eine Mischung aus Zigaretten, Cola Zero und Milka-Cookies), liege mit meinem von T. reparierten Laptop im Bett und sehe The Big Bang Theory. Eigentlich wollte ich ein Lernheft bearbeiten, aber meine Kopfschmerzen machen intellektuelle Anstrengungen unfruchtbar.
Heute Nacht ist T. im Flur zusammengebrochen (Kreislaufkollaps plus Medikamente plus Alk) und hat sich offenbar die Nase gebrochen.
Wir hatten Sex (vorher natürlich) und die Veränderung meines Körpers von Modelmaßen zu unförmiger Kleidergröße 38 binnen einer Woche scheint ihm nicht aufgefallen zu sein (ich hatte ein Nachthemd an), oder ihn nicht zu stören. Wobei letzteres unwahrscheinlich ist, ich weiß ja wie er andere Frauen wahrnimmt und beurteilt. Dieser Mann ist ein großes Mysterium für mich.
Ich werde nie begreifen wie er es so weit kommen lassen konnte – außer wir gehen davon aus, das er den Keim der Depression und der Neigung zum Suchtmittelmissbrauch schon von Geburt an in sich trug und dieser wie ein Virus bei Psycho-Immunschwäche immer wieder ausbricht. Und was seine „Liebe“ zu mir angeht, die ich einfach schlicht nicht verdient habe: Ich werde es nie begreifen. 
Es ist nur leichter für mich, sie zu akzeptieren, wenn ich mir zumindest einreden kann, „okay“ zu sein.
„Okay“ ist undifferenziert für: dünn, genügsam, leistungsstark, unabhängig in finanzieller Hinsicht, altruistisch und so weiter. Klar, das klingt nach großer Anstrengung, ist es aber gar nicht. Wenn ich nur ordentlich hungere, bekomme ich die anderen Eigenschaften sozusagen als Bonustracks gratis obendrauf. Kennt ihr das? Die Gleichung ist relativ simpel: HUNGERN (= dünner sein) bewirkt einen Energiekick, welcher mich befähigt effizienter zu haushalten (zum Beispiel mit Geld, Nahrungsmitteln, Erwartungen und Forderungen an / von anderen). Und es ist leichter, mich zurückzunehmen, hilfsbereit zu sein.
Scheinbar sind in meinem Geist die Art und Weise der Nahrungsaufnahme und mein Auftreten nach außen untrennbar miteinander verknüpft. Vielleicht sollte ich besser sagen „ineinander verknotet“. Sobald ich fresse, bin ich maulig, fordernd, laut, werfe unendlich viel Geld zum Fenster raus, gehe meinem Umfeld auf den Sack, schneide mich, streite, bin faul, müde und antriebslos.
Es gibt nur diese zwei Modi. Früher dachte ich, ich wäre vielleicht bipolar und die Hunger-Phasen würden Manien entsprechen, aber das ist Schwachsinn. Der Hunger-Aktivitäts-Modus ist genauso normal und Teil meiner Selbst wie der Fress-Faul-Modus, das habe ich inzwischen akzeptiert.
Meine Therapeutin versucht mir weis zu machen, dass es normal ist, seine Haltung zum Leben oder die Art, es zu führen, häufig ändert. Dass normale Menschen zum Beispiel im Job anders funktionieren als privat...
Aber sein Essverhalten zwanghaft nach seinem Aktivitätsgrad auszurichten beziehungsweise seinen Aktivitätsgrad vom Essverhalten diktieren zu lassen, DAS ist nicht normal. Es ist bescheuert.
Total bescheuert ist auch, dass ich gerade in den Fress-Phasen null Motivation habe, Sport zu betreiben, obwohl es gerade da nötig wäre. Ich habe neulich bei herzenswunsch einen ähnlichen Gedanken gelesen und das hat mich nachdenklich gemacht: Im Prinzip wird ja immer empfohlen, etwas einfach (EINFACH! Haha.) zu TUN, also anzufangen. Die Motivation käme dann währenddessen. Man sollte sich zwingen, zum Beispiel zum Sport zu gehen, und würde dann für die Überwindung mit neuer Kraft und Motivation belohnt. Nur: Bei mir scheint das nicht zu funktionieren. Weiß nicht ob es an der Depression liegt, an meinem Charakter oder woran auch immer – wenn ich nicht will, kann ich auch nicht. Blockade. Gilt auch für Lernen, Ausgehen, zum Teil, wenn es besonders schlimm ist, auch für's Aufstehen morgens. Dann liege ich eine Stunde lang da, mit voller Blase, Durst und dem Wissen, dass ich mein Venlafaxin (Antidepressivum) einnehmen sollte, aber kann mich nicht dazu aufraffen. Geschweige denn zu Rauchen, den Fernseher einzuschalten oder Kaffee zu kochen.
Natürlich packe ich es dann irgendwann. Aber „belohnt“ mit „Motivation“ wird mein Kampf dann nicht. Liegt das an mir? Sollte ich mich häufiger zwingen, mehr Einfluss auf mein Handeln auszuüben versuchen?
Nach dem Prinzip: Ich gehe jetzt einfach ins Fitness und hoffe, dass ich dadurch keine Essanfälle mehr habe?! Dem Prinzip: Ich stehe jetzt einfach um halb acht auf, koche Kaffee, rauche eine und dann geht’s los mit Lernen, just do it?!
Experimente können nicht schaden. Also fresse ich mich nochmal schön voll, gehe dann ins Fitness und versuche morgen früh ein Lernheft fertig zu stellen.
Sorry, dass ich so lange brauche um einen Entschluss zu fassen und das dann auch noch so ausführlich ausbreiten muss, aber wie man unschwer erkennen kann sind die Assoziationsketten in meinem Gehirn wie Unkraut und es hilft, sie mal schriftlich zu ordnen.

Edit 1: Ich gehe nicht ins Fitness, ich gehe Futter kaufen. (Stellt euch eine Tussi vor, die sich in den Kopf schießt)

Edit 2: Ich wurde von melli getagged! Dankesehr... Ich soll 11 Dinge über mich sagen? Okay:

  1. Ich stehe auf wesentlich ältere Männer, seit ich mit 13 für den Sänger von Depeche Mode (45)   
     geschwärmt habe.
  2. Am liebsten trage ich "Chance" von Chanel und "Jil" von Jil Sander.
  3. Meine Nägel sind im Moment bis auf die Haut abgekaut und -gerissen.
  4. Mit 6 Jahren hatte ich meine erste Panikattacke, seitdem bin ich in Therapie (mit Unterbrechungen!).
  5. Ich wirke wahnsinnig unsympathisch und arrogant, weil ich krass unsicher bin.
  6. Ich hatte schon mal eine Magensonde und eine Mandel-OP.
  7. Ich bin mit meiner Wärmflasche verwachsen, oder kurz davor.
  8. Ich finde Hipster-Kiddies immer ganz schlimm peinlich und laufe selber rum wie eines.
  9. Ich habe mal einen Mofa-Führerschein gemacht und bin noch nie gefahren seitdem.
 10.Ich hasse es, zu verlieren und kann Kritik nicht verkraften.
 11.Ich verehre Ernest Hemingway und Vladimir Nabokov. Leider tot.

5 Kommentare:

  1. Meine Liebe, so "einfach" ist es leider gar nicht. Auch bei mir ist es so, dass ich nicht so einfach loslegen kann. Meistens muss ich erst an einen Punkt kommen an dem ichs nicht mehr aushalte und dann funktioniert es erst. Das Prinzip "just do it" funktioniert allerdings auch ab und zu. Muss dazu aber sagen, dass schon ein bisschen Wille dabei sein muss, andererseits ist die Wahrscheinlichkeit des Scheiterns ziemlich hoch. Ich hab z.B. vor 2 Monaten nur gefressen und gefressen und gefressen. 2 Wochen. Danach fand ich mich wieder richtig FETT. Davor war ich eig. ganz zufrieden. Dachte mir dann ich mach paar Tage Refeed, weils Gewicht nicht mehr gesunken ist, konnte aber nicht aufhören zu fressen und das ganze ging dann 2 Wochen wie gesagt. Und jetzt hab ich den Salat und bin immer noch 3 Kilo von meinem damaligen Gewicht entfernt. Und das nur weil ich nachgegeben hab. Schön doof. Umso schwieriger ist es dann wieder aufzustehen. Hinfallen ist leicht, das Aufstehen wird von Mal zu Mal schwieriger. Und ich bin noch nicht so lange "da drin" wie du.
    Ich glaube aber es ist nur eine Frage der Zeit bis es bei dir auch wieder klick macht.

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  2. ich bin nicht so klug wie es vielleicht scheint, ich tue nur so. alles selbstinszenierung, aber es freut mich, dass ich zumindest damit erfolgreich bin ;)
    mir ist gerade aufgefallen, dass ich dir noch gar nicht folge. das sollte ich aber mal schleunigst ändern, denn dein blog ist irgendwie besonders. er hat mehr inhalt, ist nicht so platt wie andere, die ich auch lese. weißt du was ich meine?
    achja und zu vladimir nabokov: daumen hoch! (siehst du? ich habe nur ein buch von ihm gelesen, tue aber so, als ob ich alle seine werke verschlungen hätte. so funktioniert das mit dem so tun als hätte man ahnung. mein lebensmotto)
    alles liebe ♥

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  3. Warum hattest Du denn schon mal eine Magensonde?

    lG Olivia

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  4. Du sprichst mir aus der Seele! Ich kriege auch nichts auf die Reihe, wenn ich fresse. Dann liege ich faul rum wie meine Katze und kann mich im wahrsten Sinne des Wortes nicht mehr bewegen. Also eigentlich schon, aber du weißt wie ich das meine :D
    Und immer dann, wenn ich nichts esse, packt mich die Energie und mein Ehrgeiz und ich lerne und räume auf und kriege alle meine Hausaufgaben auf die Reihe und so weiter. Und mit der SAtimmung ist es genauso. Ich bin zwar ziemlich erschöpft manchmal, wenn ich nicht viel gegessen habe oder noch nichts an dem Tag, aber freundlicher bin ich auf alle Fälle. Ich glaube, wenn ich was gegessen habe, bin ich sauer und enttäuscht von mir seöbst und projezier das dann auf andere oder so.
    Fühl dich gedrück :)

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  5. Nr. 2 und 11 gefallen mir.
    Deine Lieblingsbücher der beiden Autoren?

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