Montag, 6. August 2012

Essensphilosophie.

Ich habe einen merkwürdigen Gedanken.
Wie schön es wäre, wieder in die Klinik nach Bad Bodenteich zu kommen. Mit weniger als 40 Kilo.
Ganz behutsam aufgepäppelt zu werden.
Jeden Tag Schokoriegel essen zu dürfen, eine Stunde zu brauchen um langsam und vorsichtig Müsli mit Joghurt, Vollfettquark (lecker!) und Marmelade und ein knuspriges Käsebrötchen zu essen...
Auf dem Zimmer sitzen zu müssen und zu stricken. Langsam zuzunehmen und das Gewicht von 49 Kilo dieses Mal zu halten. Es genießen, jeden Tag 2000 kcal essen zu dürfen. Nach Hamburg zu fahren. Auszusehen wie ein Model, wieder ein Model zu sein. Leckerer Choclatemocha von Starbucks? Klar, ich kann schließlich Zwischenmahlzeiten austauchen. Dafür lasse ich eine Birne und 10g Butter beim Abendbrot weg.
  Ja, zum Mittag gab es Gemüsepizza mit duftendem Hefeteig. Und ich musste sie essen, ich durfte sie essen!
Ich weiß, damals war es ein Kampf. Mir ging es scheiße und ich habe mit jedem Bissen gekämpft.
Ich war so dünn und konnte es nicht sehen.
Heute wüsste ich diese Situation zu schätzen...
Es wäre wirklich schön. Bin ich krank? Abnehmen, um wieder ein bisschen zunehmen zu dürfen?
Doch genau das ist es. Wieder den Gedanken zu haben (oder sich einreden zu lassen), man sei zu krank und MÜSSE zunehmen.

  Das zweite Mal, dass ich in eine Klinik gegangen bin, ging das mit den Essanfällen los. 20 Kilo in 8 Wochen. DAS war nicht so toll. Das war ganz und gar nicht toll.
Ich fraß den ganzen Tag. Morgegns Müsli und Brötchen, dann direkt zum Süßigkeitenautomaten.
Ein paar Schokoriegel. Mittagessen. Die Nachtische von mehreren Mitpatienten ("Phoebe, wie schön dass du so einen Appetit hast. Du musst zunehmen, hier, nimm noch meinen Pudding") Ein halbes Glas Nutella zum Nachnachtisch. Nachmittags ging es weiter, Nutellabrötchen, Joghurts, Schokoriegel. Abendbrot, zwei Käsebrötchen, Müsli, Kakao, danach ein paar Tafeln Schokolade. Chips im Aufenthaltsraum. M&Ms. Käsestangen.
Ich habe die Kühlschrankfächer von Mitpatienten nachts abgegrast und am nächsten Morgen ein paar Euro darin hinterlassen. Scham hoch unendlich.
Ich konnte nicht anders. Ich war so unglücklich und so ekelhaft verfressen...

 Ich weiß, die Wahrheit muss irgendwo dazwischen liegen.
Nicht zu sehr kämpfen, aber genießen und achtsam essen. Nicht stopfen. Ich glaube nicht, dass ich das kann.
  Entweder alles oder nichts.
So wie heute. Ein bisschen Spinat habe ich gegessen (mit nix) , und die zwei Shakes. Die trinke ich auch nur, um meinen Stoffwechsel im Gang zu halten, meinen Kreislauf und mein Herz (habe da seit dem Untergewicht immer ein bisschen Probleme gehabt) und meine teuer erkämpften Muskeln zu schützen. Das sind etwa 200-400 kcal am Tag, je nachdem wie ich den Shake zubereite. Also ob mit Milch, Buttermilch, Wasser, Quark.
Viel weniger wäre dumm. Ich will ja wieder essen. Nur eben noch nicht, solange ich noch so fett bin.
Kann an Bäckereien vorbeigehen, an Pizzerien ohne nur den Gedanken daran zu haben. Zu essen.
Habe mich T. heute zum ersten Mal seit dem Weltuntergang komplett nackt gezeigt. Er war fasziniert, wie schnell ich abgenommen habe. Er findet mich sehr dünn. Haha. Sehr witzig.

Freue mich jedenfalls auf NAVY heute Abend. Neue Folge. Und er wird mir dabei umso mehr fehlen, er, der mich so ganz anders wahrnimmt als ich es selbst tue.
Ich habe ihm heute gesagt, dass ich ihn liebe.
T.:"Ich dich auch, Haselmaus. Ich dich auch."


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