Freitag, 19. April 2013

Was abgeht.

"Mammoth" von Interpol läuft auf Repeat, mein Herz flattert wie auf Koks und mein Bauch drückt entschlossen gegen den Bund der schwarzen Strumpfhose (schwarz und blickdicht, wie alles an mir).
Habe ich Angst? Yes, Sir.
Die letzten Tage verschwimmen im Nebel von billigen Farben, Rausch und suspense. Verlogene Ambivalenzen. Da sind Bewerbungen für Nachhilfeschulen, die ich halbherzig vorbereite. 800 kcal, die ich im Fitnesstudio lasse. Da ist Lennard, der einen verzweifelten Dr Faust rezitiert, mit rudernden Händen auf dem Sofa und Kippe im Mundwinkel. Da ist mein Spiegelbild im Autofenster: zerrupft, rote Nase, verschmierte Schminke in der Fresse, die Haare tannenbaumförmig herabhängend, fahler Geschmack auf der Zunge.
Da ist meine Therapeutin, die in alten Wunden bohrt: Was ist mein eigenes? Warum bin ich so ein hässlicher, anstrengender Mensch? Da ist die rotgelockte, füllige Verkäuferin im Veganz, die fragt, ob wir denn ein Paar seien, er und ich (Lennard antwortet: "Zu 80% ja" und drückt meine schwitzige Hand). Da ist die verspiegelte John-Lennon-Gedächtnisbrille von Lulu, die mir von der Nase rutscht. Da sind die Fressgelage (10.000 kcal, nicht ganz vegan), die ich zelebriere, um von dem großen schwarzen Loch im Inneren abzulenken, welches nur schluckt und saugt und tötet.
Da sind Kinski und Heidegger und Crystal Renn in meinem Bett und meine fiebrigen Lese-Augen, schlaflos und rasenden Herzens auf der Flucht in Buchstabenreihungen ohne Zusammenhang. Da ist die Autofahrt mit meiner Mutter, Einblicke in ihr Seelenleben und die Beziehungskisten unserer Bekanntschaft - berührend und ermattend zugleich.
Da ist das Stolpern durch den Odenwald mit meinem Opa, Stock und Stein und grauer Himmel und Laufmaschen von wilden Rosen, über die ich krieche. Da ist Sodbrennen und Hass und Ekel vor meiner Person. Da sind fadenscheinige Lügen und Verlustängste und Planlosigkeit und Hyperaktivität und emotionale Prostitution und Sehnsucht und eine tropfende Nase am Morgen, Ohrenschmerzen und immer Lügen, Lügen und Angst.
Eine Eruption von Worten auf mein fleckiges Bettlaken.


Ach! könnt ich doch auf Bergeshöhn
In deinem lieben Lichte gehn,
Um Bergeshöhle mit Geistern schweben,
Auf Wiesen in deinem Dämmer weben,
Von allem Wissensqualm entladen,
In deinem Tau gesund mich baden!



1 Kommentar:

  1. Mein Kopf hat sich 'in deinem Blogpäuschen abgehende Sachen' ein bisschen anders zurecht gelegt...ein bisschen positiver und mit viel Motivation gewürzt. Aber mein Kopf spinnt zZ. ohnehin.

    Dennoch ist es schön, von dir zu lesen. Ich picke mir die positiven Aspekte aus dem Abgehenden heraus und gebe einen vorsichtigen Daumen (Lulus Brille hätte einen Extra-Daumen verdient!) in der Hoffnung das die Wehmutstropfen sich zwar langsam aber trotzdem stetig in Luft auflösen. Irgendwann. Bald. <3

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